Beten ist wie eine Entdeckungsreise

Bei dieser Entdeckungsreise nach innen geht es darum, auf „Schatzsuche“ zu gehen. Suche dir einen Ort, an dem du ungestört da-sein kannst, und einen Zeitraum von 15 – 30 Minuten, in dem du dich möglichst abschirmst von Lärm, Handy, anderen Menschen usw. Es kann auch eine stille Kirche sein oder ein anderer schöner Platz im Haus oder in der Natur.

Aufbruch

Du hast dich entschlossen, diese Reise zu beginnen. DU BIST DA! Wie geht es dir, wenn du einmal nichts tun, nichts leisten musst? Wenn du einfach da sein kannst, so wie du bist? Kannst du die Stille genießen? Vielleicht gelingt dir das an manchen Tagen. Kannst du ahnen und glauben, dass jemand da ist, der auf dich wartet, – Gott? Er hat unbegrenzt Zeit für dich, er interessiert sich für alles, was dir wichtig ist.

Was kommt in dir hoch? Gedanken, Gefühle, Pläne, Erinnerungen, Sorgen,… Nimm dich wahr, nimm die Umgebung wahr, nimm dein Leben wahr und die Menschen, die mit dir unterwegs sind. Bleibe in der Stille, solange sie innerlich gefüllt ist, und bringe das in Worten vor Gott, was dich bewegt! Rede mit ihm, so wie du bist! Er versteht! Möchtest du dich ihm anvertrauen? Du kannst mit ihm reden wie mit einem Freund. Er kann gut zuhören und ist sehr diskret. Und er möchte sich mit dir freuen, mit dir leiden oder dir helfen, wenn du ihn darum bittest.

Das erste Steilstück

Vielleicht beginnt es schon bald, mühsam zu werden. Vielleicht kannst du gar nicht so recht zur Ruhe kommen. Deine Gedanken, Pläne, Sorgen verfolgen dich. Wie eine Fessel halten sie dich umklammert und umschwirren dich wie ein Bienenschwarm. Wenn du sie verscheuchst, sind sie gleich wieder da. Denkst du: „Ich vertue bloß meine Zeit! Besser, ich tue etwas Nützliches!“? Glaube diesen Gedanken nicht! Du bist auf dem besten Weg, auch wenn du es nicht merkst. Ganz langsam wirst du ruhiger werden…. Und schon deine Ausdauer, dein scheinbar nutzloses Bemühen ist Gebet. Gott ist dir nah! Versuche, die Nähe Gottes einfach still zu genießen…..

Der Navigator

Du hältst inne, möchtest schauen, wo du jetzt bist und wie es weiter geht. Der Navigator weist in Richtung „Hören“ – „Horchen“ – „inneres Horchen“. Bist du neugierig? Sören Kierkegaard sagt: „Als mein Beten immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich ein noch größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörer. Ich meinte erst, Beten sei Reden, ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören. So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören; beten heißt, still werden und warten, bis der Betende Gott hört.“

Zu einer Begegnung gehört doch, dass beide Partner zu Wort kommen. Möchtest du Gott hören? Wie geht das? Du brauchst dazu Ausdauer im Stillsein, im Schweigen und die Bereitschaft, das innere Horchen zu lernen und zu üben.

Gott redet

Aber redet Gott überhaupt? Ja, er redet, und sein Wort hat viele Ausdrucksformen: Er redet in der Heiligen Schrift, er redet in den Ereignissen des Alltags, er redet durch die Worte guter Menschen, er redet durch die Fügungen des Schicksals, er redet in der Stimme deines Gewissens, er redet sogar in seinem Schweigen.

Möchtest du deinem Gebet nun das stille Hören hinzufügen, diese Gebetshaltung pflegen? Frage dich: „Was will mir Gott mit diesem Wort, mit jenem Ereignis, mit dieser Begegnung sagen?“ Höre in dich hinein… 

Du bist nun einen wesentlichen Schritt weitergekommen – bleib dran!

Zwischenhalt

Wie geht es dir beim inneren Hören? Es kann ganz schön anstrengend, frohmachend und aufregend sein! Anstrengend, wenn es nicht „auf Anhieb“ klappt, wenn du trotz deiner Mühe so wenig hörst… – Nicht aufgeben! Frohmachend, wenn dich innerer Friede und Freude erfüllt, wenn du „etwas“ begreifst, weil da etwas zu hören war…. – Folge diesem Stern! Aufregend, wenn du etwas zu hören bekommst, was du gar nicht hören willst… – Bleib achtsam und versuche darauf einzugehen!

Oder hast du Angst, es könnte ihm etwas Schwieriges oder Verrücktes einfallen? Es wäre gut, wenn du diese Gefühle mit Gott besprichst. Du darfst sie haben. Auf diese Weise wirst du Gott besser kennen lernen. Er liebt dich und möchte, dass du ganz du selber wirst, dass du dich entfalten und entwickeln kannst – zu den herrlichen Möglichkeiten hin, die er in dich hineingelegt hat.

Da kann sich auch etwas verändern. Das Leben bleibt nur unter der Bedingung der Veränderung wirklich lebendig. Denk darüber nach. Horch in dich hinein… 

Die Führung Gottes

Es geht weiter beim Hören.  Hast du Fragen an Gott – antwortet er dir? Hat Gott Fragen an dich – antwortest du ihm? Merkst du in diesem Dialog, dass du Vertrauen bekommst, das ein wunderbares Geschenk ist – auf beiden Seiten!? Wenn du beim Hören bleibst, wirst du immer wieder den Austausch mit Gott in deinem Herzen spüren. Du wirst die Kraft empfangen, dein Leben aus dieser Beziehung entsprechend zu gestalten. Der Kontakt mit Gott bleibt nicht auf die Gebetszeit beschränkt. Immer und überall kannst du dich Gott zuwenden….

Ein toller Ausblick

Wenn dein Gebet nun ein Reden und Hören, ein Geben und Empfangen geworden ist, dann wirst du allmählich ein neuer Mensch werden, – der Mensch, den sich Gott gedacht hat, als er dich schuf. Dein Leben wird viel interessanter und viel erfüllter sein. Du wirst tief im Herzen spüren: Es ist gut so, auch wenn nach außen hin vielleicht nicht alles leicht ist. Nun ist es Zeit für eine Rast, auch Zeit, den Ausblick zu genießen. Freude, Staunen und Dankbarkeit können in dir aufbrechen – über das, was du bis jetzt entdeckt hast in den Begegnungen mit Gott. Vielleicht umfängt dich ein Gefühl von Weite, Freiheit und Geborgenheit… Vielleicht wird für dich die Gegenwart Gottes erahnbar, spürbar….. Diese Ermutigung tut gut – sie ist ein Zeichen, dass du auf einem guten Weg bist. Nimm dir die Frage mit: „Wem begegne ich, wenn ich Gott begegne?“

Vorbei an Abgründen

Du bist noch nicht am Ziel, der Weg geht weiter, und neue Steilstufen werden nicht fehlen. Denn die Wandlung deines Lebens kann mühsam und schwer sein. Der Weg wird manchmal sehr steil sein… Hast du vielleicht gemerkt, ob dein Inneres Widerstand leistet? Hast du bisweilen innerlich ausgerufen: Dazu habe ich nicht die Kraft, das kann doch Gott nicht von mir verlangen! Ja, aus eigener Kraft wirst du die Wandlung nicht vollbringen, sie muss dir geschenkt werden. Nicht wenige Menschen hören zu beten auf, wenn es mühsam wird. Dabei ist oft gerade das Schwere das Ferment, das die Reifung und Wandlung vorantreibt. Jetzt musst du dich wirklich auf Gott verlassen und lernen, mit seiner Kraft zu rechnen und auf sie zu vertrauen. Merkst du, wie spannend es hier wird? Du lebst dein eigenes Leben, und doch lebst du nicht mehr allein aus deiner Kraft. Etwas Geheimnisvolles schafft sich in dir Raum – oft unter Schmerzen: Gottes Heiliger Geist. Doch achtet Gott deine Freiheit: du musst selber entscheiden, ob du deine Suche nach Gott fortsetzen möchtest. Wieviel darf sie kosten?

Steighilfen

Du wirst dir in schwierigen Phasen leichter tun, wenn du einen Menschen hast, der mit dir geht, dem du dich anvertrauen kannst. Achte auch auf die Hilfen, die Gott dir in der Kirche anbietet: die Sakramente. In der Eucharistie kommt Jesus selber zu dir, er bleibt bei dir, gibt dir Kraft und möchte in dir wohnen. Im Sakrament der Buße verzeiht dir Gott immer wieder neu dein Versagen und deine Sünden, und du darfst mit seiner Hilfe neu beginnen! Hast du Kontakt mit deiner Pfarre? Gute Begleiter sind auch die Heiligen – Menschen, die ihr Ziel bei Gott schon erreicht haben. Du kannst sie als „Reiseführer“ anstellen. Das Lesen ihrer Biographien zeigt dir, wie sie ihren Weg mit Gott, den Weg des Gebetes gegangen sind.

Die kostbare Perle

Eine kostbare Perle auf dem geistlichen Weg ist die Heilige Schrift, in ihr spricht Gott zu uns. Sie zeigt die Heilsgeschichte Gottes mit dem Menschen auf. In ihr offenbart sich Gott in Jesus Christus. Dieses Wort Gottes ist für jeden Christen maßgebliche Wegweisung. Du wirst in ihr wertvolle Impulse und Antworten für dein eigenes Leben finden.

Dein Innerstes

Im Innersten deines Herzens gibt es einen Raum, in dem es ganz still ist, hier herrscht Frieden, Harmonie. Hier bist du ganz bei dir selbst, hier bist du zugleich ganz bei den anderen und bei Gott. Hier ist seine Wohnung in dir. Hier empfängst du dich jeden Augenblick von Gott und kannst ihm ohne Worte die Antwort deiner Liebe und deines Vertrauens geben. Hier bist du innerlich eins mit dir selber, mit den anderen und mit Gott. Diesen innersten Raum kannst du nicht selber finden, du kannst ihn nicht gewaltsam öffnen. Hier hinein musst du eingeladen werden. Vielleicht schenkt dir Gott schon bald eine kleine Vorahnung von dem, was er für dich bereitet hat, vielleicht aber musst du zuerst lange wandern, bis er dich dann und wann in diesen Raum hineinschauen lässt. Wenige Menschen nur werden hier auf Erden schon für immer eingelassen. Und doch ist dieser Raum das Ziel, für das sich jede Mühe lohnt: Schon das Vorauskosten wiegt allen Einsatz und alles ertragene Leid überreich auf. Wie wird es dann erst sein, wenn Gott im ewigen Leben alles und in allem sein wird!

„Wie gut, o Gott, wie gut bist du, zur Seele, die dich sucht. Wie gut, o Gott, wirst du erst sein zur Seele die dich findet!“ (Bernhard von Clairvaux)